Ein Gespräch mit Adrian Notz zum Projekt "Invent the Future with Elements of the Past"

Im Vorfeld der Ausstellungseröffnung im Cabaret Voltaire führte Nicholas Schärer ein Gespräch mit Adrian Notz, Direktor Cabaret Voltaire, zu den Hintergründen des Projekts "Invent the Future with Elements of the Past".

Nicholas Schärer: Das Projekt „Invent the Future with Elements of the Past“ schlägt einen Bogen zwischen den Ansätzen von Lucius Burckhardt zur heutigen Zeit. Wieso ist eine künstlerische Auseinandersetzung mit diesen Ideen wichtig?

 
Adrian Notz: Viele von Lucius Burckhardts Ideen und Ansätze sind heute noch visionär und keinesfalls vollständig in die Architekturpraxis integriert. Er betrieb ja vor allem Wahrnehmungsschulung – etwa mit dem Ziel einen Blick für „Landschaft“, die wir oft fälschlicherweise als Natur bezeichnen, als gestalteten Raum zu entwickeln. Daraus folgt, dass einzelne, oftmals subtile Eingriffe grosse Veränderungen bewirken können. Diese Erkenntnis lässt sich auch auf die Kunst übertragen – gerade in Zürich, wo trotz der allgemeinen Haltung, dass „Zürich gebaut ist“, gerade massive Eingriffe in die Stadt vorgenommen werden, etwa in Zürich-West. Dieses Projekt nimmt Burckhardts Positionen auf und setzt sie als Ausgangspunkt für eine künstlerische Auseinandersetzung mit dem heutigen Stadtraum. Wir möchten der Frage nachgehen, was subtile künstlerische Eingriffe bewirken können.

 
NS: Wie ist es zur Auswahl der KünstlerInnen gekommen?

 
AN: Die beteiligten KünstlerInnen, 8 EinzelkünstlerInnen und 2 Künstlerduos, sind bewusst eine breite Auswahl der Zürcher Kunstschaffenden. Sie repräsentieren verschiedene Positionen und arbeiten mit verschiedensten Techniken – daraus erhoffen wir uns unerwartete Perspektiven auf Burckhardts Thesen.

 
NS: Was für Werke werden entstehen?

 
AN: Es sollen nicht primär die Ideen von Burckhardt vermittelt werden, sondern diese sollen Ausgangspunkt für eigenständige künstlerische Arbeiten sein. So ist etwa San Keller mit einer ihm unbekannten „Anne-Marie“ nach Venedig gereist. Davon ausgehend will er den bekanntlich grossen Einfluss von Anne-Marie Burckhardt auf Lucius untersuchen. Es geht also darum, neue Fährten zu finden und diesen zu folgen. Die Arbeiten können ganz im Sinn von Burckhardt sehr subtil sein – umso wichtiger wird die Kommunikation und Dokumentation des Projektes.

 
NS: Im Rahmen des Projektes findet auch ein Symposium statt: die KünstlerInnen treffen auf Hans Ulrich Obrist, Herzog De Meuron und Philipp Ursprung– was erhoffen Sie sich von dieser Auseinandersetzung?

 
AN: Bei Hans Ulrich Obrist ist der Übergang von der Architektur zur Kunst immer fliessend – es ist also keine Auseinandersetzung Kunst vs. Architektur. Das Symposium am 5. April soll es ein Austausch zwischen ExpertInnen verschiedener Sparten werden. Ausgangspunkt dazu ist Obrist’ Ausstellung für die Architekturbiennale und die darin aufgegriffenen Ideen. Die Symposiumsteilnehmer Obrist, Herzog De Meuron und Ursprung sind eine Testgruppe für die künstlerischen Ansätze.

 
NS: Eine Publikation wird den ganzen Prozess dokumentieren – vom Besuch der KünstlerInnen an der Biennale, über das Symposium, bis hin zu den eigentlichen Projekten. Welchen Stellenwert hat diese Publikation innerhalb des Projektes?

 
Wir wollen das Gesamtprojekt verständlich vermitteln und die Prozesse aufzeigen. Die Publikation hat aber auch für die KünstlerInnen eine entscheidende Funktion: so sind die Projekte nicht mit dem Werk abgeschlossen, sondern die Dokumentation des Prozesses, der Entwicklung und des Resultates sind ebenso zu berücksichtigen. Das Gesamtprojekt soll möglichst Auslöser einer vielschichtigen künstlerischen Auseinandersetzung sein. Im Zentrum stehen immer die KünstlerInnen und ihre Projekte, nicht die reine Prozess-Dokumentation. Deshalb wollen wir die Projekte gemeinsam mit der Publikation auch wieder zurück nach Venedig bringen und im Rahmen der 56. Kunstbiennale im Salon Suisse präsentieren.